Der stille Graben zwischen Jung und Alt: Warum wir in unseren eigenen Realitäten gefangen sind – und wie wir ausbrechen können

Warum reden wir häufig übereinander, statt miteinander?

Konstruieren wir nicht täglich unsere eigene Welt? Und vergessen dabei, dass dies auch alle anderen Mitmenschen tun? Das kann in Unternehmen, in denen die unterschiedlichsten Menschen und Generationen zusammenarbeiten, zu einem echten Problem werden.

Paul Watzlawick hat einmal treffend beschrieben, dass wir unsere Wirklichkeit nicht objektiv wahrnehmen, sondern sie konstruieren – basierend auf unseren Ängsten, Erwartungen und Vorurteilen. Diese „konstruierten Realitäten“ führen dazu, dass beide Seiten eher übereinander als miteinander sprechen.

Wenn Generationen aneinander vorbeireden

Junge Kolleginnen und Kollegen sehen in Älteren die „Bremser“ und „Besserwisser“, während Ältere die Jüngeren als „faul“ oder „überheblich“ empfinden. In Wahrheit wissen beide Gruppen oft erstaunlich wenig voneinander. Jede Seite konstruiert sich ihre eigene Welt – basierend auf Annahmen, Vorurteilen oder nicht überprüften Informationen. So reden sie häufig übereinander statt miteinander und grenzen ihre Möglichkeiten und Chancen ein, statt sie zu erweitern.

Und wie bei dem berühmten Beispiel von Paul Watzlawick und dem Mann mit dem Hammer, gibt es keine Kommunikation – und damit auch keine Lösung für Aufgaben, sondern nur verpasste Chancen.

Warum uns das miteinander reden oft so schwer fällt

Weil wir uns dann möglicherweise mit dem anderen auseinandersetzen müssten, unsere liebgewonnenen Vorurteile über Bord werfen und damit unsere Komfortzone verlassen müssten.

Dieses Phänomen ist besonders in der Zusammenarbeit zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitenden zu beobachten. Jede Generation hat ihre eigenen Erfahrungen, Werte und Kommunikationsstile – kurz: ihre eigene Wirklichkeit. Wenn diese nicht aktiv miteinander geteilt wird, entstehen Missverständnisse, die zu Konflikten führen können.

Jung und Alt: Zwei Welten, die oft nicht aufeinandertreffen

Jüngere und ältere Mitarbeitende leben häufig in ihren eigenen „Wirklichkeiten“ – geprägt von unterschiedlichen Erfahrungen, Kommunikationsstilen und Annahmen über die jeweils andere Seite. Das Problem: Diese Welten treffen oft nicht aufeinander, weil die direkte Kommunikation fehlt. Stattdessen dominieren Vorurteile, Unsicherheiten und Missverständnisse.

Während ältere Mitarbeitende sich oft durch die Digitalisierung und schnelle Veränderungen überfordert fühlen, haben jüngere Kolleginnen und Kollegen ganz andere Hürden:

  • 39 % der Generation Z geben an, Angst zu haben, sich vor älteren Kollegen zu blamieren.
  • 25 % vermeiden den Austausch mit Älteren, weil sie nicht wissen, wie sie auf sie zugehen sollen.
  • Über 50 % fühlen sich von älteren Mitarbeitenden missverstanden.
  • Mehr als 10 % der jungen Beschäftigten hatten seit über einem Jahr kein persönliches Gespräch mit einem Kollegen über 50.

Auf der anderen Seite fühlen sich ältere Mitarbeitende oft von der jüngeren Generation überfordert oder zurückgelassen – sei es durch technologische Entwicklungen oder unterschiedliche Arbeitsweisen. Ein Drittel gibt sogar an, sich fachlich unterlegen zu fühlen.

Kommunikation ist Führungsaufgabe: Was Sie tun können

Als Führungskraft haben Sie die Aufgabe, Brücken zwischen den Generationen zu bauen. Dabei reicht es nicht, einfach Meetings oder Workshops anzusetzen. Entscheidend ist, dass ein Umfeld geschaffen wird, das echten Dialog ermöglicht und Vorurteile abbaut.

5 Strategien, wie Sie den Austausch fördern:

  1. Unterschiede bewusst ansprechen: Thematisieren Sie die unterschiedlichen Kommunikationsstile und Perspektiven offen. Machen Sie deutlich, dass diese Vielfalt eine Stärke ist, die das Team bereichern kann.
  2. Wertschätzung aktiv fördern: Sorgen Sie dafür, dass die Erfahrung älterer Mitarbeitender genauso gewürdigt wird wie die Innovationskraft der jüngeren. Geben Sie älteren Kollegen die Möglichkeit, ihr Wissen weiterzugeben – zum Beispiel in Mentoring-Programmen.
  3. Raum für Dialog schaffen: Workshops, Patensysteme, Coffee Breaks oder Generationen, Teamsitzungen und Teambuilding Aktivitäten bieten Raum für gegenseitiges Verständnis. Durch den Austausch von Ideen und Perspektiven in können innovative Lösungen für Herausforderungen gefunden werden.
  4. Vielfältige Lernformate einsetzen: Während die Jüngeren oft von kurzen, digitalen Impulsen profitieren, bevorzugen Ältere detaillierte Erklärungen und persönliche Gespräche. Berücksichtigen Sie diese Unterschiede bei der Gestaltung von Weiterbildungen und Besprechungen.
  5. Vorbild sein: Als Führungskraft prägen Sie die Unternehmenskultur. Zeigen Sie durch Ihr Verhalten, dass offener Dialog nicht nur möglich, sondern erwünscht ist.

Und mal ganz nebenbei: Kennen Sie den Watercooler-Effekt?
Informelle Gespräche am Wasserspender, in der Kaffeeküche oder beim gemeinsamen Lunch können die Produktivität um bis zu 15 % steigern. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Das fördert nicht nur den Teamgeist, sondern auch die Effizienz bei der Arbeit.

Fazit: Ein offener Dialog schafft Vertrauen

Die Zusammenarbeit von jüngeren und älteren Generationen kann eine enorme Chance sein – vorausgesetzt, Führungskräfte schaffen den Rahmen für einen echten Austausch. Der Schlüssel liegt darin, die unterschiedlichen Wirklichkeiten beider Seiten zu verstehen und zu verbinden.

Mit der richtigen Kommunikation können Vorurteile und Missverständnisse abgebaut, Vertrauen gestärkt und das volle Potenzial des Teams ausgeschöpft werden. Denn eines ist sicher: Reden wir miteinander, statt übereinander, profitieren am Ende alle – und nicht zuletzt auch die Produktivität und Zufriedenheit im Unternehmen.

Generationen verbinden. Das neue Wir.