Ich arbeite ehrenamtlich in einem Schulprojekt. Gestern schwärmte einer der Schüler von seinem Klassenlehrer, den er richtig gut findet, weil er ehrlich sei. Der Lehrer hatte offen gesagt, dass er die Stunde nicht wie geplant durchführen könne, da es ihm nicht gut geht. Die Schüler fanden das cool und ganz schön mutig. Oft versuchen wir körperliche oder seelische Schmerzen ins Unterbewusste zu verdrängen. Dort arbeiten sie und treten dann bei unpassenden Momenten ans Licht. Eine typische Reaktion ist bei einem nichtigen Anlass zu schreien, ohne dass den anderen ersichtlich ist, warum. Diese Offenheit des Lehrers kann der Beginn einer vertrauensvollen Zusammenarbeit sein, an deren Ende die Schüler mit Freude lernen und gute Noten schreiben. Vertrauen und Mut ist eine Investition in die Zukunft.
Überdenken Sie Ihr Denken. Komplexe Situationen und Krisen brauchen ehrliche Reaktionen.
Entscheider stehen immer häufiger vor komplexen Situationen, die völlig neue Reaktionen erfordern. Die Muster der bewährten Managementkonzepte taugen aus meiner Sicht in der aktuellen Umbruchzeit weniger. Was zu tun ist, muss neu verhandelt werden.
Viele Entscheidungsträger auf allen Ebenen glauben, sie müssten in jeder Situation souverän und furchtlos auftreten, ihre eigenen Emotionen und Ängste verstecken oder schlimmstenfalls erst gar nicht zulassen. In unserer heutigen Zeit, in der wir mehrere Krisen gleichzeitig erleben, kostet dies ungeheuerliche Kraft und Energie. Im unternehmerischen Kontext versuchen wir uns häufig abzusichern, erstellen Entscheidungsbäume und Excelsheets und vertrauen noch nicht einmal unserer eigenen Kraft und Wirksamkeit. Die Angst zu versagen ist ganz besonders in Krisensituationen hoch und verführt zu übergroßer Genauigkeit bis hin zur Perfektion. Machen Sie sich frei davon, von Micromanagement und Details. Krisen erfordern Mut. Dabei kann es helfen, auch eigene Ängste offen anzusprechen. Glauben Sie nicht auch, dass es sich lohnt, Ihr Team mit einer ehrlichen Aussage zu konfrontieren wie “Ich habe mit dieser Entscheidung oder Vorgehensweise Bauchschmerzen, weil …”. Ich glaube, dass Sie an Vertrauen und Anerkennung gewinnen. Versuchen Sie eine zugewandte Sprache zu entwickeln, um auch Sorgen und Emotionen zu thematisieren.
Unser Leben baut auf Vertrauen auf.
Wir vertrauen darauf, dass der Autofahrer, der uns gerade überholt, seine Geschwindigkeit richtig einschätzt, dass der Arzt eine treffende Diagnose stellt und der Freund oder die Freundin das Geheimnis nicht weitererzählt. Im Job vertrauen wir darauf, dass der neue Arbeitgeber sein Versprechen einlöst, der Kunde den Vertrag einhält oder die Entscheidung für den Bewerber die richtige war.
Was ist aber, wenn uns das Vertrauen in uns selbst abhandenkommt? Wenn wir selbst kein Vertrauen in uns und unsere Lösungskompetenz haben? Und wie können dann Mitarbeiter dieses notwendige Vertrauen haben? In meiner Zeit als Führungskraft habe ich Situationen, auch schwierige, nie versucht kleinzureden. Und wenn ich etwas nicht wusste, habe ich mich dazu bekannt.
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ hat Ingeborg Bachmann gesagt. So wie der Lehrer in meinem Beispiel.
Unsere Haltung gegenüber der Krise und der Zukunft entscheidet, wie wir mit ihr umgehen.
Wir haben früher im Team nach Lösungen gesucht. Mit der schöpferischen Kraft der Gruppe erbrachten wir oft relativ schnell erstaunliche Ergebnisse. Jeder hat seine persönliche Sicht auf das Problem eingebracht und wir haben uns gefragt:
- Wo sind die Ansatzpunkte für Veränderung?
- Wo können wir Hebel ansetzen?
- Wo finden wir Kooperationspartner?
- Welche langfristigen Perspektiven wollen wir entwickeln?
- Und wie kommen wir dahin?
Wir sind zu Gestaltern geworden und haben uns gegen die lähmende Opferrolle entschieden. Die Neurowissenschaft sagt uns: Unser Gehirn ist nur fähig, eine Angst zu verarbeiten. Zwei Krisen gemeinsam zu verarbeiten können wir nicht. Auch in Krisen den Blick zu fokussieren und Vertrauen in die eigene Kraft zu entwickeln, erscheint mir daher wesentlich.
Krisenbewältigung ist keine Sache eines einzelnen. Eine neue Gesprächskultur, in der Ängste und Gefühle geäußert werden, können das Miteinander verändern und helfen, Stress abzubauen.
Helfen kann auch, ein Narrativ für eine gelingende Zukunft zu erschaffen. Dieses ersetzt allerdings nicht den Blick für den Worst Case. Mit der Frage „Was passiert, wenn wir es nicht überleben?“, wird die schwierige Situation erst einmal bewusst, im nächsten Schritt ist sie zu akzeptieren, um anschließend neuen Möglichkeiten und Bilder zu entwickeln. So wie Robert Habeck, der nicht von Verzicht spricht, sondern von Wachstum, Umgestalten, Erneuerung, vom unabhängig werden.
Stärken Sie Ihr Vertrauen in die Zukunft
Ihre Zukunft passiert nicht durch Zufall. Sie ist das Ergebnis Ihrer Bemühungen. Voraussetzung ist Vertrauen und Mut. Ja, es gibt politische Entscheidungen, die Sie nicht beeinflussen können, oder Krisen, die von außen kommen wie die Energiekrise oder Umweltkrise. Wir Menschen, ob wir als Individuen, Familien, Organisationen oder Gesellschaft agieren, brauchen Optimismus und eine Vorstellung von der Zukunft, die lebenswert erscheint.
Vom Zukunftsinstitut ist aktuell ein Buch erschienen mit dem Untertitel „11 Leitsätze für einen neuen Optimismus“. Das Poster dazu hängt seit einigen Wochen über meinem Schreibtisch. Sie sind derzeit so etwas wie ein Richtungsgeber für mich und unterstützen mich dabei, im Vertrauen und in meiner Kraft zu bleiben. Ich möchte Ihnen die Kapitelüberschriften nicht vorenthalten und hoffe, dass sie Impulse zum Weiterdenken sind.
Kapitelüberschriften des Buches „Deine Zukunft. 11 Leitsätze für einen neuen Optimismus“ des Zukunftsinstituts:
Zukunft ist …
- Gegenwart – Lebe Zukunft jetzt!
- Veränderung – Sei Teil des Wandels!
- Ungewissheit – Umarme die Unsicherheit!
- Möglichkeit – Erkunde die Potenziale
- Haltung – Glaube an die Zukunft!
- Emotion – Nimm wahr, was du fühlst!
- Berechnung – Analysiere, was wahrscheinlich ist!
- Vision – Forme deine Bildwelten!
- Erzählung – Entwickle deine Geschichten!
- Entscheidung – Gestalte deine Zukunft!
Jede Frage bewirkt etwas – jede Antwort verändert etwas. Manchmal braucht es jemanden, der uns für eine gewisse Zeit begleitet, der die richtigen Fragen stellt, jemanden, mit dem man gemeinsam Antworten findet.